Wer an Moorlandschaften denkt, sieht unvermittelt das düstere Bild des „Knaben im Moor“ aus der Balade von Annette von Droste-Hülshoff vor sich. Aber: wer heute auf den Spuren des Knaben im Emsland wandelt, erlebt eine Moorlandschaft, die abwechslungsreicher und spannender nicht sein kann!
Autor: Werner Menzel, werner-menzel.de
Unsere Reise zu den faszinierenden Renaturierungsprojekten in den Emsländer Moorlandschaften beginnt in Haren an der Ems, wo wir in der Ferienwohnung Meutstege einen perfekten Ausgangspunkt gefunden haben, um die Schönheit und Vielfalt dieser Region zu entdecken.
Nach einem Bummel über die historisch angehauchte Maritime Meile in Haren und einer Einstimmung auf die Bedeutung der Tierwelt des Moores im Bienenzentrum Imme lassen wir uns von der Biologin Dr. Silke Hirndorf erklären, was wir in den nächsten Tagen im Moor sehen und erleben werden. Die Natur- und Museumspädagogin und Naturpark-Botschafterin im Naturpark Moor ist für Besucher, die tiefer in die Materie einsteigen wollen, ein unerschöpflicher Info-Pool.
Nach dem Gletscher kam das Moor
Insbesondere dem von ihr umgesetzte Bibel- und Klosterpflanzengarten „Garten des Nazareners“ oder Käthes Bauerngarten gehört ihr Herz. Ob im Garten, Wald, Heide oder Moor: für Silke Hirndorf gibt es viele Wege, dem Zauber der Natur auf die Spur zu kommen und Geschichte zu vermitteln.
Die Emsländer Moorlandschaften, darunter das Wesuweer Moor, das Bourtanger Moor, das Naturschutzgebiet Geestmoor und das Dalum-Wietmarscher Moor, sind Relikte aus der Eiszeit. Nach dem Rückzug der Gletscher vor etwa 12.000 Jahren bildeten sich diese einzigartigen Ökosysteme. Niederschläge und das saure Wasser führten zur Bildung von Torf, einer organischen Substanz, die in den Moorlandschaften abgelagert wurde und zur Entstehung von Hochmooren führte.
Speicher für Wasser und Kohlenstoff
Diese Moorlandschaften beheimaten eine vielfältige Flora und Fauna, die an die speziellen Lebensbedingungen angepasst ist. Seltene Pflanzen wie Sonnentau, Wollgräser und Moosbeeren sind typisch für diese Region. Unter den Tierarten sind Vögel wie Kraniche, Reiher und verschiedene Entenarten, aber auch seltene Libellen und Schmetterlinge zu finden.
Diese Moorlandschaften bieten Lebensraum für viele bedrohte Arten und sind daher von großer ökologischer Bedeutung. Moore spielen eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf und tragen zur Regulierung des Klimas bei, indem sie große Mengen Kohlenstoff speichern. Sie dienen als natürliche Wasserspeicher und tragen zur Regulierung des Wasserhaushalts bei, insbesondere in Zeiten von Dürre oder Hochwasser. Darüber hinaus haben die Moorlandschaften eine besondere Bedeutung für den Tourismus und die Naherholung, da sie eine einzigartige Kulisse für Wanderungen, Vogelbeobachtungen und Naturerlebnisse bieten.
Renaturierung trägt Früchte
Obwohl nur wenige Kilometer die einzelnen Moorlandschaften in der deutsch-niederländischen Grenzregion trennen, kann jedes einzelne Gebiet mit erstaunlichen Eigenheiten aufwarten. So ist das Wesuweer Moor, eines der renaturierten Moore im Emsland, ein faszinierendes Beispiel für erfolgreiche Restaurierungsmaßnahmen. Früher wurde das Moor intensiv für die Torfgewinnung genutzt, was zu erheblichen Schäden an der natürlichen Umgebung führte. Heutzutage sind jedoch umfangreiche Projekte im Gange, um das Ökosystem des Moors wiederherzustellen.
Besucher können auf gut ausgebauten Wanderwegen das Wesuweer Moor erkunden und dabei die einzigartige Flora und Fauna kennenlernen. Von Aussichtsplattformen aus können sie einen Panoramablick über das Moor genießen und Vögel beobachten, die in dieser unberührten Umgebung leben.
Fliegende Schönheiten entdecken
Das Bourtanger Moor, ein grenzüberschreitendes Moor zwischen Deutschland und den Niederlanden, ist eines der größten Hochmoore Europas. Auch hier wurden in der Vergangenheit intensive Torfabbauaktivitäten durchgeführt, die zu erheblichen Umweltschäden führten.
Heute wird das Bourtanger Moor jedoch aktiv renaturiert, um seine natürliche Vielfalt wiederherzustellen. Während einer Wanderung durch dieses Moor an der Seite von Silke Hirndorf lernen wir neben den fliegenden Schönheiten dieser Landschaft, wie Libellen, Schmetterlinge, Reiher und Enten auch eine Insektengattung kennen, auf die wir gerne verzichtet hätten: Tausende Stechmücken haben uns erwartet und ausgiebig ihren Bluthunger gestillt. Hier haben die gängigen „Mittelchen“ jämmerlich versagt.
Artenvielfalt auf dem Vormarsch
Besucher können das Bourtanger Moor insbesondere auf Radwegen erkunden. Aussichtsplattformen und Beobachtungsstationen bieten auch hier Möglichkeiten zur Vogelbeobachtung und zum Genießen der atemberaubenden Landschaft. Das Naturschutzgebiet Geestmoor ist ein weiteres bedeutendes Moor in der Region, das für seine Artenvielfalt und natürliche Schönheit bekannt ist. Es bietet Lebensraum für seltene Pflanzen- und Tierarten und spielt eine wichtige Rolle im Schutz des Klimas und der Erhaltung der regionalen Biodiversität.
Das Dalum-Wietmarscher Moor ist ein weiteres renaturiertes Moor in der Region, das einen Einblick in die natürliche Entwicklung von Hochmooren bietet. Die besuchten Moore in den Emsländer Moorlandschaften bieten Besuchern faszinierende Einblicke in die einzigartige Natur und die Bedeutung von Renaturierungsprojekten für den Erhalt dieser wertvollen Ökosysteme.
Klimaschutz ganz regional
Ein weiterer Höhepunkt unseres Besuches ist die Besichtigung des Emsland Moormuseums in Groß Hesepe, wo wir mehr über die Geschichte und Bedeutung der Moorlandschaften erfahren. Wir tauchen ein in die Welt der Torfgewinnung und lernen, wie sich das Verständnis und der Umgang mit den Mooren im Laufe der Zeit verändert haben.
Die Renaturierung der Emsländer Moorlandschaften ist ein wichtiger Schritt zur Erhaltung dieser einzigartigen Ökosysteme. Durch gezielte Maßnahmen wird nicht nur die Artenvielfalt gefördert, sondern auch der Schutz des Klimas und der Region gestärkt. Unsere Reise durch diese faszinierende Landschaft hat uns nicht nur beeindruckt, sondern auch sensibilisiert für die Bedeutung des Erhalts und Schutzes dieser wertvollen Naturräume.
Anmerkung: Für die Luftaufnahmen liegt eine Sonderfluggenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde vor.