Vilnius, die Hauptstadt Litauens, ist eine Stadt, die Geschichte, Kunst und eine unverwechselbare kreative Energie vereint. Mit ihren gepflasterten Straßen, barocken Kirchen, geheimnisvollen Vierteln und einer wachsenden kulinarischen Szene zieht sie Reisende in ihren Bann. Vilnius ist eine der charmantesten Städte im Baltikum, die in ihrer Vielfalt und ihrem Flair überraschen kann. Auf meiner Reise durch die Stadt entdeckte ich unter anderem das hippe Viertel Žužupis, das historische Stadtzentrum, wichtige Kirchen, das berüchtigte Lukiškės-Gefängnis und eine hervorragende Gastronomie, die 2024 mit vier Michelin-Sternen und 26 Erwähnungen ausgezeichnet wurden.
Das historische Stadtzentrum: Ein Spaziergang durch die Vergangenheit
Der beste Ort, um eine Entdeckungsreise durch Vilnius zu beginnen, ist das historische Stadtzentrum, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Die Altstadt von Vilnius, auch Vilniaus Senamiestis genannt, ist eine der größten und besterhaltenen in Osteuropa, und ihre Architektur ist ein wunderschöner Mix aus Gotik, Renaissance, Barock und Klassizismus. Ich verlor mich gerne in den verwinkelten Gassen, die zu charmanten Plätzen und versteckten Innenhöfen führten – ein wahres Paradies für Entdecker.
Vilniaus Senamiestis ist ein Ort voller Leben und Geschichte. Die engen Gassen sind gesäumt von kleinen Läden, gemütlichen Cafés und historischen Gebäuden, die jedem Winkel der Stadt einen einzigartigen Charakter verleihen. Während ich durch die Straßen schlenderte, stieß ich immer wieder auf beeindruckende Bauwerke wie die Universität Vilnius, die eine der ältesten Universitäten Osteuropas ist und im 16. Jahrhundert gegründet wurde. Die historischen Höfe der Universität sind ein idealer Ort, um die Atmosphäre der Stadt aufzusaugen und einen Blick auf die wunderschöne Architektur zu werfen.
Ein weiteres Highlight im Vilniaus Senamiestis ist die St.-Kasimir-Kirche, die erste barocke Kirche in Vilnius. Ihre prachtvolle Fassade und die kunstvoll gestalteten Innenräume haben mich beeindruckt. In der Nähe liegt auch das Tor der Morgenröte, das einzige noch erhaltene Stadttor von Vilnius. Es war ein besonderes Erlebnis, durch dieses Tor zu gehen und die berühmte Kapelle zu besuchen, in der sich das wundertätige Bild der Jungfrau Maria befindet. Das Tor ist ein wichtiger Pilgerort und ein Symbol des Glaubens und der Geschichte der Stadt.
Der Kathedralenplatz, im Herzen der Altstadt gelegen, ist ein weiterer zentraler Punkt von Vilnius. Die imposante Kathedrale von Vilnius mit ihrer weißen Fassade und dem klassizistischen Stil ist beeindruckend. Hier treffen sich Einheimische und Besucher gleichermaßen, um die Atmosphäre der Stadt zu genießen, während Künstler und Musiker das Bild abrunden und den Platz lebendig werden lassen.
Die Kathedrale selbst ist nicht nur ein religiöses Zentrum, sondern auch ein wichtiger Ort für die litauische Identität und Geschichte.
Am Glockenturm der Kathedrale befindet sich eine Fliese mit Füßen, die an den Baltischen Weg, die längste Menschenkette der Welt von Vilnius bis Tallinn, erinnert. Insgesamt war die Menschenkette 650 Kilometer lang und die Balten haben damit die Einigkeit und den Wunsch nach Freiheit demonstriert
Die Republik Žužupis: Ein Staat im Staat
Ein Besuch in Vilnius wäre unvollständig, ohne das kreative Viertel Žužupis zu erkunden. Žužupis ist nicht einfach nur ein Stadtteil, es ist eine selbsternannte „Republik“ – mit eigener Verfassung, Präsidenten, Hymne und sogar einem eigenen Unabhängigkeitstag, der am 1. April gefeiert wird. Dieses Künstlerviertel, das oft mit Montmartre in Paris verglichen wird, war für mich eine der faszinierendsten Ecken von Vilnius.
Žužupis strahlt eine Atmosphäre der Freiheit und Kreativität aus, die man in kaum einem anderen Stadtteil findet. Die Bewohner von Žužupis sind stolz auf ihre Unabhängigkeit und ihren unverwechselbaren Lebensstil. Sie haben eine eigene Verfassung geschaffen, die das Wesen dieses Viertels perfekt widerspiegelt. Diese Verfassung, die auf Tafeln in verschiedenen Sprachen an einer Mauer angebracht ist, fordert unter anderem das Recht, glücklich oder unglücklich zu sein, das Recht, nichts zu tun, und das Recht, die eigene Einzigartigkeit zu bewahren. Diese humorvolle und zugleich tiefsinnige Philosophie verleiht Žužupis eine ganz besondere Aura.
An jeder Ecke gibt es etwas Neues zu entdecken – sei es eine Wandmalerei, eine originelle Skulptur oder eine temporäre Installation. Besonders ins Auge stach mir die Engelsstatue auf dem Hauptplatz, die als Symbol für die kreative Energie und den unerschütterlichen Geist der Bewohner von Žužupis gilt.
Die Straßen von Žužupis sind voller kleiner Cafés, in denen Künstler zusammenkommen, um Ideen auszutauschen und sich inspirieren zu lassen. In dem Viertel ist jeder willkommen, unabhängig von Herkunft oder Lebensstil. Hier wird Individualität nicht nur toleriert, sondern gefeiert, und das spürt man an jeder Ecke. Man unterstützt sich gegenseitig, feiert zusammen und gestaltet gemeinsam das Viertel immer wieder neu.
Auch der Fluss Vilnia, der Žužupis durchzieht, trägt zur besonderen Atmosphäre bei. Die kleinen Brücken, die über den Fluss führen, sind oft mit bunten Schlössern geschmückt, die von Paaren als Zeichen ihrer Liebe angebracht wurden. An den Ufern des Flusses treffen sich Menschen zum Picknick oder einfach nur zum Entspannen und das Leben genießen.
Das Viertel mit den bunten Häusern und der lebendigen Kunst, die das Viertel prägt – bescherte mir einen Moment der Ruhe und des Glücks, den ich nicht so schnell vergessen werde.
Lukiškės-Gefängnis: Von einem dunklen Kapitel zur kulturellen Wiedergeburt
Nur wenige Minuten vom Stadtzentrum entfernt liegt das Lukiškės-Gefängnis, ein Ort, der mich faszinierte und nachdenklich stimmte. Ich hatte die Gelegenheit, den ursprünglichen und unrenovierten Gefängnistrakt zu besichtigen. Das ehemalige Gefängnis, das bis 2019 in Betrieb war, wurde ursprünglich im Jahr 1904 erbaut und hat eine bewegte Geschichte, in der es sowohl von den zaristischen als auch von den sowjetischen Behörden genutzt wurde. Heute erlebt das Gefängnis eine Art Wiedergeburt: Es wurde zu einem kulturellen Zentrum umgestaltet und dient als Veranstaltungsort für Konzerte, Festivals und Kunstausstellungen.
Das Lukiškės-Gefängnis war lange Zeit ein Symbol der Unterdrückung und des Leids. Während der sowjetischen Besatzung Litauens diente es als Haftanstalt für politische Gefangene, und viele der Insassen mussten unmenschliche Bedingungen ertragen. Die düstere Geschichte des Gefängnisses ist in seinen dicken Mauern förmlich spürbar, und während meiner Führung durch das Gebäude konnte ich die bedrückende Atmosphäre kaum abschütteln. Die Zellen, die engen Gänge und die Stille der Räume erzählten von den Schicksalen der Menschen, die hier gefangen gehalten wurden. Fast unerträglich, der Geruch in den alten Mauern.
Doch was mich am meisten beeindruckte, war die Transformation, die das Lukiškės-Gefängnis in den letzten Jahren erfahren hat. Heute ist es ein Ort der Kreativität, der Kunst und der Freiheit. Die ehemaligen Gefängnishöfe wurden zu Veranstaltungsorten umgestaltet, und in den Zellen finden heute Kunstausstellungen und Workshops statt. Es ist faszinierend zu sehen, wie diese Räume, die einst der Isolation und Unterdrückung dienten, nun zu Orten des Ausdrucks und der Gemeinschaft geworden sind.
Das Lukiškės-Gefängnis ist heute ein Ort der Begegnung und des Austauschs. Menschen aus verschiedenen Teilen der Stadt kommen hier zusammen, um Kultur zu erleben und gemeinsam Neues zu schaffen. Es ist großartig, wie die Stadt Vilnius diesen Ort, der einst ein Symbol der Angst war, in einen Raum der Hoffnung und der Gemeinschaft verwandelt hat.
Kulinarische Höhepunkte in Vilnius
Vilnius hat sich in den letzten Jahren zu einer aufstrebenden kulinarischen Destination entwickelt. Zum Beispiel das Restaurant „Nineteen18“, welches es geschafft hat, sich eine Michelin-Auszeichnung zu verdienen. Das Konzept des Restaurants basiert auf der Philosophie der Nähe zur Natur – es verwendet ausschließlich saisonale, regionale Zutaten und interpretiert die traditionelle litauische Küche auf moderne Art und Weise.
Doch auch abseits der gehobenen Gastronomie gibt es viele Möglichkeiten, die litauische Küche kennenzulernen. Sehr lecker sind die traditionellen „Cepelinai“ – große Kartoffelklöße, die mit Fleisch gefüllt sind. Diese deftige Speise, auch „Zeppeline“ genannt, ist in Vilnius allgegenwärtig und gibt einem das Gefühl, ein Stück litauische Kultur zu erleben. Auch „Kibinai“ (Teigtaschen, die ursprünglich aus der tatarischen Küche stammen) und die kalte Rote-Bete-Suppe waren wunderbare Geschmackserlebnisse, die ich nicht missen möchte.
Auf meinen Streifzügen durch die Altstadt stieß ich immer wieder auf kleine Restaurants und Cafés, die hausgemachte Spezialitäten anboten.
Vilniaus Senamiestis: Das Herz von Vilnius
Vilniaus Senamiestis, die historische Altstadt von Vilnius, ist zweifellos das Herz der Stadt. Die Atmosphäre hier ist lebendig, voller Geschichte und kultureller Vielfalt. Ich konnte mir keinen besseren Ort vorstellen, um das authentische Vilnius zu erleben. Die Gassen sind voller Leben, sei es durch die bunten Marktstände, die frische Blumen und handgemachte Souvenirs anbieten, oder durch die Straßenkünstler, die Musik spielen und die Besucher unterhalten.
Die Architektur in Vilniaus Senamiestis erzählt Geschichten aus verschiedenen Epochen. Es war faszinierend, die harmonische Kombination von gotischen, barocken und klassizistischen Gebäuden zu sehen. Besonders eindrucksvoll ist der Rathausplatz, ein zentraler Treffpunkt in der Altstadt, an dem regelmäßig Märkte, Feste und kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Ich hatte das Glück, dass während meines Aufenthalts in Vilnius ein mehrtägiger Markt stattgefunden hat. Hier wurden hauptsächlich traditionelle litauische Handwerkswaren und Essen angeboten. Ich bestaunte die Herstellung von Sakotis, der einem Tannenbaum ähnelt und sehr lecker schmeckt.
Empfehlenswert ist ein Besuch des Bernhardiner-Gartens, ein idyllischer Park, der perfekt zum Entspannen ist. Der Garten ist nicht nur ein Ort der Erholung, sondern bietet auch wunderschöne Ausblicke auf die Kirche St. Bernhardin und die umliegenden historischen Gebäude. Hier sieht man, wie gut Vilnius es versteht, Geschichte und Natur miteinander zu verbinden.
Anreise aus Deutschland
Vilnius ist von Deutschland aus gut erreichbar, insbesondere per Flugzeug. Mehrere deutsche Flughäfen, darunter Frankfurt, München und Berlin, bieten Direktflüge nach Vilnius an. Die Flugzeit beträgt in der Regel rund anderthalb Stunden, und Vilnius International Airport (VNO) liegt nur etwa sechs Kilometer südlich des Stadtzentrums, sodass man die Altstadt schnell und einfach erreichen kann. Vom Flughafen aus gelangt man mit dem Taxi, Bus oder einem Shuttle-Service in die Innenstadt.
Vilnius: Stadt zwischen Geschichte und Moderne
Vilnius ist eine Stadt, die sich ständig neu erfindet, ohne ihre Wurzeln zu vergessen. Das historische Stadtzentrum mit seinen prächtigen Kirchen, die kreative Energie von Žužupis, die Verwandlung des Lukiškės-Gefängnisses in einen kulturellen Hotspot und die blühende kulinarische Szene machen Vilnius zu einem einzigartigen Reiseziel im Herzen Europas. Die Stadt vereint auf faszinierende Weise ihre historische Vergangenheit mit einer modernen, dynamischen Gegenwart, die Besucher aus aller Welt willkommen heißt.
Ob ich nun in einem der malerischen Cafés der Altstadt saß, an einer Führung durch das Lukiškės-Gefängnis teilnahm oder das bunte Treiben in Žužupis genoss – Vilnius bot mir unzählige Möglichkeiten, mich treiben zu lassen und die Stadt in meinem eigenen Tempo zu entdecken. Litauens Hauptstadt ist ein Geheimtipp, der es verdient, erkundet und erlebt zu werden, denn sie lässt niemanden unberührt und verspricht eine Reise voller spannender Erlebnisse und unvergesslicher Eindrücke.